Die Abgelehnten (#14): EXKLUSIV: Die wahre Platzlage in Runde 2 | Die Saldo-Lüge | Rechenfehler
[Achtung: Leicht editierte Fassung vom 13.3.]
Hallo zusammen,
Tag zwei der zweiten Runde im Bewerbungsverfahren für die Gymnasien, Real- und Hauptschulen in Köln ist rum. Bis Ende dieser Woche sind die Familien, deren Kinder noch ohne Schulplatz dastehen, aufgefordert, sich nach der Ablehnung bei der Erstwahlschule nun auf einen der Restplätze zu bewerben, die noch zur Verfügung stehen.
Und das ist, wie ich selbst aus eigener Betroffenheit vor drei Jahren und aus vielen, vielen Gesprächen und Schriftwechseln mit akut Betroffenen weiß, eine emotionale Ausnahmesituation. Dem Kind die Gründe für die Absage zu erklären (Es liegt am System, nicht am Kind!), die Regeln der zweiten Anmelderunde zu verstehen, die Angst davor, eine falsche Entscheidung zu treffen und dann über Ostern ohne Schulplatz für das Kind dazustehen, all das kann einen in Trauer, Hilflosigkeit, Verzweiflung und Panik treiben. Die Stadt aber tut ihr übriges dazu, um diesen Gefühlen noch ein weiteres hinzuzufügen: Wut. Denn die Art und Weise, wie die Schulplatzvergabe in dieser Stadt organisiert ist, zieht einem Jahr für Jahr die Schuhe aus.
Ich muss hier nun ein wenig in die Details gehen, denn ich will versuchen, das zu leisten, was in diesen Tagen eigentlich die vornehmste Aufgabe der Schulverwaltung wäre: nämlich maximale Transparenz für die betroffenen Eltern zu schaffen.
Beginnen wir den Reigen vor einer Woche, im Schulausschuss:
Am 4.3.2024 hat das Amt für Schulentwicklung bei der Sitzung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung im Rat der Stadt Zwischenbilanz zur diesjährigen Lage an den weiterführenden Schulen gezogen. Danach gab es zu dem Zeitpunkt stadtweit im Saldo noch „schätzungsweise“ rund 200 Gesamtschulplätze zu wenig. Für die Gymnasien meldete man Überangebot von 130 Plätzen, an Realschulen gibt es 480, an Hauptschulen 570 Plätze mehr als Anmeldungen. In allen Schulen, so die Zwischenbilanz, seien „stadtweit“ noch „ausreichend Plätze vorhanden“. Die Lage habe sich gegenüber dem Vorjahr spürbar entspannt.
So weit – so schief. Denn was da der Politik an Zahlenwerk präsentiert wurde, suggeriert eine Form der Entspannung, die sich bei näherer Betrachtung nicht einstellen mag. Um zu verstehen, was an den Zahlen nicht stimmt, ein Blick auf die Platzlage an Gesamtschulen. Die Stadt selbst hatte hier zunächst am 19.2. mitgeteilt: „296 Kindern wird leider kein Platz an einer städtischen Gesamtschule angeboten werden können. Im vorherigen Schuljahr lag diese Zahl bei 705.“ Und das bei 2.996 Anmeldungen (Vorjahr: 3.027).
Die Stadt stellt ein Zahlenrätsel
Wie kommen diese Zahlen zustande? Das bleibt ein Rätsel. Denn die Stadt hat dieses Jahr drei neue Gesamtschulen gestartet, in Weidenpesch, Vogelsang (Am Wassermann) und Ossendorf (ebenfalls zunächst Am Wassermann). Zusammen genommen steigt damit das Angebot um 278 Plätze. Addiert man diese zu den 2322 Plätzen, die es bisher an 15 städtischen Gesamtschulen gab, macht das genau 2600 Plätze. In der Pressemittelung geht man aber von 2700 Plätzen aus. Die Differenz? Ist bisher nicht aufgeklärt und für mich auch unerklärlich. Entweder rechnet die Stadt großzügig noch rund 100 Plätze dazu aus der neuen Gesamtschule des Erzbistums am Bildungscampus Kalk. Kann aber eigentlich nicht sein, denn damit hat das städtische Verfahren gar nichts zu tun. Oder hat sich schlicht jemand verrechnet?
Es kommt noch schlimmer: Im vergangenen Jahr waren bei Schulbeginn tatsächlich alle Gesamtschulen voll – und es blieben gut 700 Kinder übrig. Dieses Jahr kann es gut sein, dass die Schulen Am Wassermann nicht vollbesetzt starten. Weil nämlich ein stadtweiter Saldo eben nicht bedeutet, dass die Stadt auch Gesamtschulplätz in erreichbarer Nähe der Kinder anbietet. So war selbst nach einer Verlängerung des Anmeldezeitraums das Interesse an den neuen Gesamtschulen tief im Westen der Stadt überschaubar: An der neuen Gesamtschule Am Wassermann waren 86 Anmeldungen eingegangen, an der späteren Gesamtschule Ossendorf, die zunächst im selben Gebäude auch in Vogelsang startet, waren nach Abschluss des verlängerten Anmeldeverfahrens erst 85 Kinder angemeldet. Verfügbar sind an den Schulen 108 beziehungsweise sogar 162 Regelplätze. Es blieben also 98 Plätze frei.
Die Stadt hat in den Folgetagen nach eigenem Bekunden versucht, diese rund 100 Plätze über eine Telefonaktion an jene Kinder zu verteilen, die im Linksrheinischen eine Absage erhalten hatten. Aus dieser Idee und dem vermeintlichen Erfolg dieses Nachfassens sollen schätzungsweise 100 Kinder doch noch an einer Schule untergekommen sein. So kam wohl auch die Zahl 200 im Rat zustande, die aber natürlich Unsinn ist – denn der Überhang, also Saldo, aus Anmeldungen und Platzangebot schrumpft ja nicht, bloß wenn es zur Zuteilung noch frei gebliebener Plätze kommt. Das Gegenteil stimmt. Sind bei einem negativen Saldo zusätzlich auch noch etliche Plätze freigeblieben, dann bedeutet das schlicht: Die Ablehnungszahl lag weit über dem Saldo.
Komplett gelungen scheint die Telefonaktion zudem nicht zu sein. Am 11.3. sind jedenfalls auf den Seiten der Stadt für beide Gesamtschulen noch freie Plätze annonciert – und sogar an der dritten städtischen Gesamtschule am selben Standort, der Gesamtschule Wasseramselweg, sind noch Restplätze zu haben.
Fazit: Die Zahl der Ablehnungen an den Gesamtschulen war viel höher also die Stadt mit ihren Saldozahlen suggeriert. Zu den 296 Plätzen, die die Stadt als Saldo gemeldet hat, sind in jedem Fall noch jene rund 100 Plätze zu addieren, die im Snake-Gebäude freigeblieben sind. Zudem kommen ebenfalls noch freie Kapazitäten an der Gesamtschule Lindenthal an der Berrenrather Straße sowie an der Europaschule dazu, die nach den Gesetzen der Mathematik anderswo fehlen. Und dann ist da noch diese seltsame 100-Plätze-Luftbuchung.
Grob überschlagen ergeben sich aus dem Gesamtschulverfahren weiterhin um die 500 Ablehnungen. Das ist weit entfernt von 200. Und auch weit entfernt von einem Erfolg. Denn bei fast 300 neuen Schulplätzen – plus um die 100 von der Kirche – die Zahl der Ablehnungen im Vergleich zum Vorjahr nur um etwa 200 zu senken, bedeutet ja: Die Lage an der Ablehnungsfront hat sich in Wahrheit keineswegs signifikant gebessert.
Der Grund dafür ist so offensichtlich, dass man sich wundert, wie duldsam die Ausschussmitglieder die von der Verwaltung vorgetragenen Zahlen schlucken – oder gar als politischen Erfolg framen: Die Stadt hat die neuen Gesamtschulplätze nämlich in großer Zahl nicht dort geschaffen, wo sie fehlen. Sondern dort, wo man recht einfach Räume anmieten konnte. 540 neue Fünftklässlerinnen und Fünftklässler sollen nach dem Willen der Stadt ab diesem Sommer morgens ins Vogelsanger Gewerbebiet zwischen S-Bahn und Militärring zu einer von vier städtischen Gesamtschulen pendeln: Wasseramselweg, Wassermann, Ossendorf und Helios. Alle kurz hinterm Feuchtbiotop. Die private Aktive Schule Köln ist auch noch ums Eck.
(Am Rande bemerkt: Die einzige Straße zum neuen Kölner Super-Schulcluster, der Girlitzweg, hat keinen Radweg. Wer schon mal von der Widdersdorfer Straße durch den Tunnel unter den Gleisen durchgefahren ist, mit zwei 90-Grad-Kuven, kann sich denken: Mit etwa 1.750 Kindern, die die Stadt im neuen Schuljahr dort insgesamt jeden Morgen erwartet, wird‘s um kurz vor acht vermutlich ein bisschen eng. Das alles weiß natürlich auch die Verwaltung, beschreibt die Lage in schönstem Amtsdeutsch deshalb so: „Der Schulstandort ist aufgrund seiner Lage aus verkehrlichen Gründen nur bedingt als Schulstandort geeignet, sodass verkehrliche Optimierungen erforderlich sind.“ Was tun? Angestrebt sind „verkehrsrechtliche Optimierungsmaßnahmen“. Na denn mal los…)
Aus 200 mach 300 mach 500
Noch mal zurück zu den 500 Ablehnungen im Gesamtschulverfahren. Diese Größenordnung bestätigt auch der Kölner Stadt-Anzeiger, der am 19.2. die Lage in der Stadt recht präzise beschrieben hat. Nach den Recherchen der Zeitung gab es nicht nur 28 Ablehnungen an der Heliosschule, die sich aktuell problemlos vor Ort kompensieren lassen – wenngleich die Heliosschule mit ihrem im Bau befindlichen Standort in Ehrenfeld schon ein ganzes Stück weg liegt. Schwieriger ist es schon für die Kinder im Norden der Stadt: Es gab rund 100 Ablehnungen an der Heinrich-Böll-Schule (Chorweiler) und weitere 69 Überhänge bei der Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule. Diese Kinder nach Vogelsang zu bewegen, dürfte kompliziert werden. Noch dramatischer ist die Lage rechtsrheinisch, wo es laut KStA allein 279 Ablehnungen gab, davon 130 an der Willy-Brandt-Schule in Höhenhaus und je 40 in Dellbrück und an der Katharina-Henoth-Gesamtschule in Kalk. Für diese Kinder gibt es Stand jetzt keine Gesamtschulplätze. Denn Vogelsang mag per saldo Plätze frei haben. Bloß sind diese de facto für die Kinder unerreichbar.
Nun zu den Gymnasien und damit zum zweiten Saldo der Stadt: Hier gab es im vergangenen Jahr 3870 Plätze und 3909 Anmeldungen. Dieses Jahr liegt das Platzangebot um 201 höher, durch zwei neue Interimsgymnasien in Nippes (3 Züge mit Gemeinsamem Lernen = 81 Plätze) und Rondorf/Rodenkirchen (4 Züge = 120 Plätze). Es gibt also nun 4071 städtische Gymnasialplätze. Laut „Saldo“ gibt es damit 130 mehr Plätze als Anmeldungen.
Das hieße, es waren in der ersten Runde 3941 Bewerbungen, das sind nur ein paar mehr als im Vorjahr. Wohin diese Bewerbungen genau gingen, dazu gibt die Verwaltung keine Auskunft. Zu hören war im Ausschuss lediglich, dass zwölf Gymnasien Kinder ablehnen mussten. Teilweise habe es dabei nur 1 oder 2 Ablehnungen gegeben. Das klang wie: Alles gut, es gibt ausreichend Platz, bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen. Auf Nachfragen nach der Platzverteilung antwortete man dann ausweichend oder gar nicht.
Aber auch hier zeichnet die Verwaltung ein viel zu positives Bild einer in Wahrheit weiterhin überaus angespannten Lage, wie unsere Recherchen zeigen, über die am Freitag (8.3.) bereits der Kölner Stadt-Anzeiger ausführlich berichtete. Denn dem positiven Saldo steht keineswegs auch eine positive Entwicklung der Ablehnungszahlen gegenüber. Im Gegenteil: Die Ablehnungen liegen in diesem Jahr mit rund 280 auf einen ähnlichen Niveau wie im Vorjahr, als 312 Kinder in der ersten Runde keine Zusage bekamen. Und das trotz rund 200 zusätzlicher Plätze.
Ein Grund dafür ist erneut, dass die neuen Schulplätze nicht da liegen, wo auch die Kinder leben. Während das Gymnasium im Toni-Steingass-Park inzwischen voll belegt ist (nach Anmeldeschluss waren dort noch 10 von 81 Plätzen zu haben), sind im Gymnasium Rondorf, das zunächst provisorisch in Rodenkirchen startet und dort nicht mal eine eigene Turnhalle hat, weiterhin Plätze frei. Zum Ende des vorgezogenen Anmeldeverfahrens waren dort erst 56 Anmeldungen eingegangen, 64 der 120 Plätze also noch zu haben. Wie die Lage sich seither entwickelt hat, ist unklar. Das Gymnasium kann jederzeit freihändig Restplätze verteilen. Denn die neuen Schulen nehmen genau wie die Gesamtschulen nicht am laufenden Anmeldeverfahren teil.
Nun zur Platzsituation im Detail:
Vorab wichtige Hinweise dazu:
- Die Zahlen sind zusammengetragen aus den ablehnenden Bescheiden, aus Gesprächen der Eltern mit Sekretariaten, manches ist auch bloß „Hörensagen“. Dokumentieren und verifizieren könnte die Daten am Ende leichthin die Stadt, die Zugriff auf die Daten in einem Schulverwaltungsprogramm namens Schild-NRW hat, also das vollständige Bild kennt. Leider weigert sich die Stadt aber wie bereits in den Vorjahren beharrlich, konkrete Angaben zur Lage zu veröffentlichen – trotz Anfragen der Presse und trotz eines gewissen politischen Drucks.
Dabei sind sowohl die örtliche Verteilung der Absagen als auch die Zahl der noch zur Verfügung stehenden Plätze an den Schulen notwendige Voraussetzungen dafür, eine informierte Entscheidung über die Bewerbung in der diese Woche laufenden zweiten Runde treffen zu können. Weil sich damit die Chancen deutlich präziser einschätzen lassen.
Durch die Nicht-Bekanntgabe dieser relevanten Information belastet die Verwaltung nicht nur die Eltern, sondern auch die Sekretariate der betroffenen Schulen. Es ist schwer verständlich, warum die Stadt nicht vor Start des Verfahrens für alle transparent macht, wo sich Bewerbungen lohnen – und wo eher nicht. Warum es aus Sicht der Verwaltung besser oder sogar nötig sein sollte, dass Eltern diese Informationen mühsam auf eigene Faust einzeln bei den Schulen erfragen müssen, erschließt sich bei bestem Willen nicht. Daher veröffentlichen wir die folgenden Daten – selbstverständlich ohne Gewähr. - Die Zahlen sind ein bisschen im Fluss. Denn tatsächlich ist es so, dass in Einzelfällen trotz der Platzknappheit manche Plätze nicht angenommen werden. Ein Grund dafür ist die Abwanderung an Schulen privater Träger, der wichtigere allerdings die Wahl einer Schule in einer Nachbarkommune. So wurden beispielsweise am Lessing-Gymnasium in Porz in den vergangenen Tagen mindestens zwei Plätze frei, auf die dann andere Kinder nachgerückt sind. Das sind aber alles Einzelfälle.
- Einige Schulen wählen die Kinder unter anderem nach dem Kriterium eines ausgeglichenen Verhältnisses von Mädchen und Jungen aus. An diesen Schulen kann es sein, dass es ungleich viele Restplätze für Mädchen und Jungen gibt. Das ist mir im Einzelnen nicht bekannt, kann für die Wahlentscheidung aber relevant sein.
- An allen Kölner Gymnasien werden Geschwisterkinder – das sind blutsverwandte Schwestern und Brüder, die zum Zeitpunkt der Aufnahme ebenfalls (jedenfalls sehr wahrscheinlich) auf der Schule sind – bevorzugt aufgenommen. Das gilt an Schulen, die noch Plätze frei haben, auch in der zweiten Bewerbungsrunde. Dadurch kann es sein, dass Nicht-Geschwister hier keine oder nur geringe Chancen auf Aufnahme haben. Entsprechend erreichte mich der Hinweis, dass die wenigen Restplätze am Heinrich-Heine-Gymnasium in Kalk womöglich komplett an Geschwister gehen könnten.
- Auch die übrigen Aufnahmekriterien der Schulen haben in der zweiten Runde Bestand. So nehmen beispielsweise beide Deutzer Gymnasien Kinder anhand der Schulweglänge auf. Wer weiter weg wohnt, hat also geringere Chancen. Ich habe im vergangenen Jahr die Kriterien aller Gymnasien recherchiert. Diese können sich allerdings jedes Jahr ändern. Insofern weiß ich nicht, ob alle noch aktuell sind. Bekannt ist mit bisher nur, dass das Gymnasium Zusestr. das Kriterium „Entfernung zur Grundschule“ dieses Jahr herausgenommen hatte. Die Schule ist aber eh voll, insofern ist das inzwischen irrelevant.
Nach diesen Vorreden unsere Daten im Überblick
Die vollen Schulen
SCHULE |
Ablehnungen |
Monte |
58 |
Schiller |
57 |
Zusestr. |
44 |
Stadtgymnasium Porz |
33 |
Herder |
33 |
Kaiserin Theophanu Schule |
16 |
Rhein-Gymnasium |
13 |
Lessing |
12 |
Kaiserin-Augusta-Schule |
6 |
Humboldt |
6 |
Leonardo-da-Vinci |
2 |
Hölderlin |
2 |
Die Schulen +/- Null
EvT |
APG |
Die Schulen mit Restplätzen
Hansa |
1 |
Albertus-Magnus |
3 |
Dreikönig |
3 |
Schaurtestr. Deutz |
5 |
Hildegard-von-Bingen |
5 |
Friedrich-Wilhelm |
9 |
Heinrich-Heine |
9 |
Erich-Kästner * |
<10 13.3.: 3 |
Kreuzgasse |
15 |
Aachener Str. |
16 |
Rodenkirchen |
22 |
Königin-Luise |
29 |
Thusnelda |
30 |
Maximilian-Kolbe |
30 |
Georg-Büchner |
33 |
Genoveva |
33 |
Neue Sandkaul |
54 |
Köln Pesch/ Schulstr. * |
k.A. 13.3.: 15 |
Heinrich-Mann * |
k.A. 13.3.: 24 |
*Und noch ein Hinweis: Zu den beiden Gymnasien im Stadtbezirk Chorweiler (Pesch und Heinrich Mann) und zum Erich-Kästner-Gymnasium fehlen uns leider die Daten. Wer die zusammengetragenen Daten saldiert, wird feststellen: Zusammen mit den 66 freien Plätze an den beiden neuen Gymnasien sind es 81 Plätze mehr als Anmeldungen. Dann blieben für EKG und Chorweiler insgesamt 49 freie Plätze. Das EKG wird mit „wenig“, das heißt, weniger als zehn Restplätzen in der Liste der Stadt geführt. Die beiden Schulen aus Chorweiler sind beide 5-zügig, bieten je 150 Plätze. Nicht unplausibel, dass es dort ein leichtes Platz-Überangebot gibt. Kann aber auch sein, dass die Verteilung in Nuancen leicht anders ist und zwei, drei Zahlen nicht ganz korrekt sind.
NACHTRAG vom 13.3. Nach neueren Infos gehe ich inzwischen davon aus, dass am EKG noch 3, in Pesch 15 und am HMG in Chorweiler 24 Plätze freigeblieben sind. Das vervollständigt das Bild - und liegt bis auf wenige Plätze in der Region der von der Stadt benannten 130 Überhänge im Saldo.
Fazit: Die Verwaltung redet sich die Lage schön
- Die Verwaltung sprach davon, dass das rechnerische Platz-Angebot um 130 höher lag als die Bewerberzahl. Allein die Hälfte dieses Rechenspiels entfällt auf die noch freien Plätze an den neu gegründeten Schulen ohne Schulgebäude (56 in Rondorf/Rodenkirchen + 10 in Nippes), die gar nicht Teil des Hauptverfahrens waren. Im Hauptverfahren schrumpft also das technische Überangebot schon mal auf nur noch 64 Plätze an 33 Schulen – das ist etwa ein halber Platz pro Klasse. Und selbst das nur, weil man die Klassen ja bis zum Rand füllt. Das als Erfolg zu feiern, sagt schon eine Menge über den überaus geringen Anspruch, den manche offensichtlich an die Schullandschaft in dieser Stadt haben.
- Davon abgesehen ist ein stadtweiter Saldo ohnehin kein brauchbare Kennzahl zur Bewertung der Schulplatzlage in einer Millionenstadt. Wenn man schon saldiert, dann doch in räumlich abgegrenzten Einheiten – und nicht Plätze aus dem Westen mit Nachfrage im Osten. Für Kinder, die jetzt in Porz-Ensen ohne Schulplatz dastehen, sind freie Schulplätze in Vogelsang und Rodenkirchen ja keine Lösung. Das weiß die Verwaltung natürlich ganz genau. Wenn sie trotzdem Saldo-Zahlen in den politischen Raum wirft, kann ich das nur als Täuschungsmanöver bewerten.
Schauen wir also in die Lage vor Ort – und die ist leider ein bisschen wie immer:
Beginnen wir im Südwesten:
In Sülz verschickte das Schiller-Gymnasium 57 Ablehnungen, das benachbarte EvT ist voll, am HVB gibt es dem Vernehmen nach bloß noch 5 Plätze. Einzugsgebiet der drei Schulen ist der komplette Südwesten. 52 Kinder bleiben also übrig. Wohin? Die Kreuzgasse hat 15 Plätze frei, das FWG 9. In der Innenstadt bleibt noch die KLS, mit 29 freien Plätzen. Da wird es sich allerdings aus allen Seiten der Stadt drubbeln. Aachener Str. hat noch 16 Plätze, das könnte für manche funktionieren. Die anderen Schulen sind bis auf ganz wenige Restplätze voll. Und sonst? Vielleicht führt der Schulweg bald einige Kinder nach Rondorf/Rodenkirchen. Das liegt oft völlig aus der Richtung, die Schule hat bislang weder ein Gebäude noch eine Sporthalle.
Prognose: Das wird nix. Helfen könnte lediglich, wenn das EvT noch seine 21 für das Gemeinsame Lernen zurückgehaltenen Plätze freigibt. Im Vorjahr war es Mai, als die Bezirksregierung die Schule anwies, Plätze, die man für Kinder mit Förderbedarf freihielt, ohne dass groß Nachfrage danach bestand, an zuvor abgelehnte Kinder zu verteilen – und die Klassenstärke auf 31 aufzufüllen. Mag sein, dass es diesmal mehr GL-Nachfrage gibt. Ansonsten werden Ausweichreaktionen in Richtung katholischer Kirche, zu privaten Trägern und zu den Schulen im Umkreis nötig sein.
Zweiter Schauplatz: der Norden.
Das Monte ist dieses Jahr mit 58 Ablehnungen stadtweiter Spitzenreiter. Wohin also von Bickendorf aus? Leo ist voll, AMG und DKG haben bloß je 3 Restplätze, das Kästner auch weniger als 10, das neue Gymnasium in Nippes hat seine 10 Plätze inzwischen verteilt, ist jetzt auch voll. Chorweiler komplett aus der Achse. Kreuzgasse oder KLS wären erneut Optionen in Richtung Innenstadt. Oder ab aufs Land? Neue Sandkaul hat, so hört man, noch bis zu 54, das GBG in Weiden offenbar noch 33 Plätze frei. Wobei die 44 abgelehnten Kinder aus Lövenich (Zusestr.) auch noch dahin müssen. Wir addieren also Monte + Zusestr. im Kopf schnell zu 101. Das geht dann grad so auf, wenn sich alle gut verteilen. Dass die Schulen dabei recht unterschiedliche Aufnahmekriterien nutzen, macht diese Aufgabe nicht leichter.
Prognose: Leichte Entspannung in Norden. Nach einem Platzhorror im Vorjahr könnte es mit ein bisschen Verteilglück und ein paar Gesamtschul-Abwanderungen in Richtung Wassermann dieses Jahr gerade so klappen, dank der neuen Nippeser Schule im Interim.
Dritter Schauplatz: Rechtsrheinisch, a.k.a. Schulplatz-Desaster in der Nussschale.
Wir kennen es schon von den Grundschulen, wir hatten es bei den Gesamtschulen – und nun, wenig verwunderlich, trifft die desolate Schulplatzplanung erneut auch die Gymnasialkinder. In Zahlen: 33 Ablehnungen am Stadtgymnasium Porz, 12 am Lessing in Zündorf. Die Porzer passen womöglich zum MKG nach Wahn, da sind noch 30 Plätze frei. Die reichen aber nicht auch für die Abgelehnten vom Lessing, die übrigens alle aus Ensen stammen.
Die könnten es nun am Thusnelda versuchen, da sind genug Plätze frei, oder an der Schaurtestr. Problem: weit weg - und Deutz wählt die Kinder nach Entfernung. Das ist deshalb so prekär, weil in Deutz auch noch Kinder vom Herder (33 Ablehnungen) und von der KTS (16 Ablehnungen) zu erwarten sind. Das Heinrich-Heine hat sich bei Eltern direkt abgemeldet. Dort gibt es zwar ein paar Plätze, die „gehen aber alle an Geschwister“, teilt das Sekretariat mit. Mögliche Rochade wäre: Ein Dutzend Kalker Kinder weicht statt nach Deutz zum Genoveva aus, teils sich dort die Restplätze mit den 13 Kindern, denen das Rhein-Gymnasium einen Korb geben musste. Dann wäre für den tiefen Süden was in Deutz zu machen.
Prognose: Manche Stadtteile im Rechtsrheinischen sind gekniffen. Wenn und weil da aber niemand steuernd eingreift, dort hier örtlich ein Desaster.
Abschließend für heute nur noch zwei Notizen – denn die handwerklichen Unzulänglichkeiten des ganzen Ablaufs sparen wir uns für später auf (ich sage nur: Listenchaos!):
Erstens kommen die ganzen Platzzahlen überhaupt nur zustande, weil wir uns in dieser Stadt schon daran gewöhnt haben, dass die Gymnasialklassen alle 30, die der dreizügigen Schulen sogar 31 Schülerinnen und Schüler aufnehmen müssen. Allein dies aufzulösen und zum sogenannten Klassenfrequenzrichtwert von 27 zu kommen, würde über 400 Plätze „kosten“. allein das entspricht vier bis fünf weiteren Schulen. Von einem Befreiungsschlag, Normalität oder gelösten Problemen ist die Stadt also meilenweit entfernt. Da laut Gesetz stadtweit möglichst gleich starke Klassen zu bilden sind und im Normalfall eigentlich eine Bandbreite von höchstens 29 Kindern einzuhalten ist, wird es der Stadt zudem schwerfallen, die 30er/31er Klassen aufrechtzuerhalten, wenn im Saldo eigentlich genug Plätze da sind, um die Klassen stadtweit zu verkleinern. Diese Debatte steht uns unweigerlich ins Haus.
Zweitens ist noch zu sagen, dass die 280 Ablehnungen an 35 Gymnasien per se kein Problem darstellen. So was kommt vor. Manche Schulen sind nun mal besonders beliebt, andere erfahren in bestimmten Jahren durch taktische Platzwahl ein Anmeldehoch. Das Problem ist vielmehr, dass der Absturz, wenn es mit der Schule bei der Anmeldung im ersten Versuch nicht klappt, in manchen Gegenden der Stadt so krass ist. Und das hat eben damit zu tun, dass es dort vor Ort schlicht mehr Kinder gibt als Schulplätze.
DAS ist das große Versagen der Verantwortlichen in der Stadtregierung. Ein zweites Versagen fügt sie diesem ersten Versagen seit vielen Jahren hinzu: Statt sich der Krise zu stellen, alle Kräfte zu sammeln und gemeinsam einen Notfallplan für die betroffenen Kinder zu erarbeiten, führt sie diese in ein schier endloses Bewerbungsverfahren, in dem sie schließlich gegeneinander um die wenigen verfügbaren Restplätze antreten müssen. Sie schafft es dabei nicht mal, das alles geordnet hinzubekommen. Sie lässt die Eltern mit der Entscheidungsfindung allein und enthält ihnen vorsätzlich relevante Informationen über die Platzlage vor. Und sie schönt mit einem nicht nachvollziehbaren und unsinnig saldierten Zahlenwerk die Lage.
Zeit, sich zu schämen.
Und Zeit, mal feucht durch die Flure der Verwaltung zu wischen!
Ach so, ein Lichtblick noch: Im kommenden Jahr soll das Bewerbungsverfahren endlich digital gestützt ablaufen. Dann sollten wenigstens alle zur selben Zeit wissen, woran sie sind, und manch handwerkliche Schnitzer dürften damit ausgeschlossen sein. hoffen wir also auf 2025. Und diese Woche erst mal, dass es in der zweiten Rund mit einem vernünftigen Schulplatz doch noch klappt.
Meine Daumen bleiben gedrückt!